19. März 2024

Klimaaktionsplan zunächst gescheitert

Am 24.06.2021 hat sich der Gemeinderat in Weikersheim mit dem vom Klimastammtisch
eingereichten Einwohnerantrag zum Klimaschutz befasst. Zentrale Forderung des Einwohnerantrages war, dass ein umfassender Klimaaktionsplan erstellt und dem Klimaschutz sehr hohe Priorität eingeräumt wird. Als Ziel war ein klimaneutrales Weikersheim bis zum Jahr 2030 formuliert. Im Gemeinderat wurde daher über Klimaschutz diskutiert – viele Stadträte äußerten ihre Einsicht in die Dringlichkeit des Themas. Abschließend jedoch hat der Gemeinderat einstimmig dem Beschlussvorschlag von Bgm. Kornberger und dem Ältestenrat mit einer kleinen Änderung zugestimmt. Damit waren der Klimaaktionsplan und seine Priorität zunächst gescheitert, denn der Beschluss ist nicht geeignet, um Klimaschutz vernünftig zu organisieren. Dies wird klar, wenn man den Beschluss genauer untersucht:

Als erstes fällt auf, dass eine Stellungnahme über das Ziel des klimapolitischen Engagements der Stadt fehlt. Der Klimastammtisch hat ein klimaneutrales Weikersheim bis 2030 gefordert. Die Stadt Weikersheim und der Gemeinderat haben dagegen noch nicht formuliert, wo sie eigentlich hinwollen mit dem Klimaschutz. Alle politischen Ebenen haben sich inzwischen klare Ziele gesetzt: die EU, die Bundesregierung, die Landesregierung. Wir erwarten, dass auch die Kommune festlegt, was ihr Ziel in Sachen Klimaschutz ist. Erst wenn dieses Ziel definiert ist, kann man genau feststellen, welche Maßnahmen denn notwendig sind und erst dann wird man auch feststellen können, ob auf unserer kommunalen Ebene genug getan wurde, um einen substanziellen Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten.

Dann heißt es im Beschluss, dass die Forderungen aus dem Einwohnerantrag in die Haushaltsberatungen aufgenommen werden, über die Umsetzung werde einzeln entschieden. Das hört sich gut an, es ist aber nicht zielführend, denn es gibt im Einwohnerantrag keine Einzelforderungen, die man konkret in den Haushalt einbringen könnte. Als Grundlage für Einzelentscheidungen bedarf es zuerst eines Gesamtplanes, eines Aktionsplanes, der nach wissenschaftlichen Normen und Kriterien eine Analyse des Ist-Zustandes erstellt, danach die bisherigen Maßnahmen bewertet und anschließend in Maßnahmen zur Erreichung des Zieles Klimaneutralität quantitativ und qualitativ einbettet und umsetzt. Danach kann man auf sachlicher Grundlage haushaltsrelevante Maßnahmen beraten und realisieren. Das heißt, man braucht zunächst einen qualifizierten Klimaaktionsplan, erst dann kann es weitergehen.

Weiter sieht der Beschluss vor, dass die Verwaltung die Strukturdaten der Stadt Weikersheim in Anlehnung an das Klimakonzept des Main-Tauber-Kreises zusammenstellen soll. Sicher eine sinnvolle Sache. Es darf aber angemerkt werden, dass dieses Konzept auf Vorgaben des Bundesumweltministeriums aus dem Jahre 2016 (!) beruht, dessen quantitativen und qualitativen Zielsetzungen weit hinter den heute gültigen Vorgaben auf EU-, Bundes- und Landesebene liegen und sehr bescheidene Klimaziele aufweist. Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom März diesen Jahres ist es wohl notwendig, dieses Konzept zu überarbeiten. Außerdem sollten diese Daten in den vergangenen Jahren bereits von der Verwaltung zusammengetragen worden sein!

Bürgerinnen und Bürger überfordert

Der dritte wesentliche Punkt im Beschluss beschäftigt sich mit ehrenamtlichen Arbeitsgruppen: mit ihnen sollen die Bürger und Bürgerinnen ‚mitgenommen‘ werden. Sie sollen eine Energie- und Treibhausgasbilanz erstellen sowie die Potenziale der möglichen Energie- / CO2 – Einsparung aufzeigen. Genau genommen bedeutet dies, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt eine wissenschaftlich und statistisch korrekte Analyse der Verbrauchsdaten in Weikersheim erstellen und entsprechende Folgerungen ziehen sollen. Sie sollen also den ersten Teil eines Klimaaktionsplanes selbst erarbeiten! Dazu sind die Bürgerinnen und Bürger fachlich gar nicht in der Lage. Das muss von Fachleuten erstellt werden, denn hier handelt es sich um die Grundlage aller zukünftigen Entscheidungen und die muss belastbar sein. Außerdem wäre es logischerweise nötig, alle Haushalte, Betriebe, Firmen und die Stadt nach ihrem Bedarf an Strom, Gas und Öl usw. zu befragen. Das wird nicht gehen – nicht nur wegen des Datenschutzes. Der Einsatz von Arbeitsgruppen an dieser Stelle und zu diesem frühen Zeitpunkt ist völlig ungeeignet, er wird nicht funktionieren, denn er stellt eine Überforderung der Bürger und Bürgerinnen dar. Er würde auch die eindeutig bei der Stadt liegende Verantwortung für den Klimaschutz auf diese Weise auf die Bürgerinnen und Bürger abwälzen.

Die Mitnahme von Bürgern und Bürgerinnen ist eine sehr wichtige Sache, die nicht einfach zu organisieren ist. Sie muss sehr klug vorbereitet werden. Dafür sind viele Frage zu klären wie z.B.: Wer wählt die Bürgerinnen und Bürger nach welchen Kriterien aus? Welche Aufgaben können von Bürgerinnen und Bürgern geleistet werden? Was brauchen sie als Grundlage, um effektiv und zielführend zu arbeiten? Was geschieht mit den Ergebnissen?

Unser Fazit

Der Beschluss ist in der Summe untauglich, um in Weikersheim in Sachen Klimaschutz sachlich strukturiert weiterzukommen. Auch die Forderung nach einer regelmäßigen Information der Bürgerinnen und Bürger über den Sachstand in Sachen Klimaschutz wurde ignoriert. Im Gemeinderat scheint niemand die vorliegende Problematik erkannt zu haben. Es gab daher keinen alternativen Beschlussvorschlag aus den Reihen des Gemeinderates, obwohl solche Alternativen bekannt und vorhanden waren.

Neuer Anlauf nötig

Es braucht also einen neuen Anlauf für einen Klimaaktionsplan. Es ist notwendig nun endlich planvoll, umfassend und zielgerichtet das Thema Klimaschutz zur Grundlage städtischen Handelns zu machen. Also auf ein Neues! Wir geben nicht auf und es ergeben sich nun zwei Möglichkeiten doch noch einen Klimaaktionsplan für Weikersheim auf den Weg zu bringen:

  1. Der Gemeinderat nimmt sein Recht in Anspruch einen entsprechenden Antrag zu stellen – auch wenn dabei wieder Zeit vergeht. Geschäftsordnung, Hauptsatzung und Gemeindeordnung weisen hierfür den Weg. Im Sinne der sachlichen Zusammenarbeit bietet der Klimastammtisch – wenn nötig – Formulierungshilfe an.
  2. In einem Gespräch zwischen Klimastammtisch und Bgm. Kornberger am 14.7. ist folgender Weg entwickelt worden: der Gemeinderat wird in zwei Schritten – einmal vor und einmal nach der Sommerpause – von kompetenter Seite informiert, wie man mit abgestimmten und planvollen Schritten Klimaneutralität erreichen kann. Für die Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 versprach Bgm. Kornberger sich dafür einzusetzen, dass Mittel eingestellt werden, um einen Klimaaktionsplan durch ein Fachbüro erstellen zu lassen.

Wir begrüßen es sehr, dass Bgm. Kornberger die Erstellung eines Klimaaktionsplans für notwendig hält und sich dafür einsetzen möchte. Allerdings gibt es keine einheitliche Meinung über den Weg zum qualifizierten Klimaaktionsplan. Inzwischen hat ein Pressegespräch des Klimastammtisches stattgefunden. Bgm. Kornberger hat das öffentlich kommentiert und den in Punkt 2 beschriebenen Weg wieder verworfen. Nun ist zunächst alles wieder offen. Wir haben trotzdem die Hoffnung, dass Weikersheim das Thema Klimaschutz sinnvoll und strukturiert nach vorne bringen kann. Aber auch hier gilt: am Ende entscheidet der Gemeinderat. Die Zeit drängt, die Erderwärmung mit all ihren katastrophalen Konsequenzen ist ein dringliches Problem, das sich nicht aufschieben lässt.